Neue „Heimat“ für alten Waggon

Passauer Neue Presse, Ausgabe Freyung, 9.9.2013
Von Anna Gais

Neue „Heimat“ für alten Waggon

Freyung. Der Bahnhof Freyung hat einen „Dauergast“ auf Schienen bekommen: Ein schöner alter Eisenbahnwaggon steht ein paar Meter abseits vom Bahnhofsgebäude auf dem Gleis. Einige Mitglieder des Fördervereins Ilztalbahn haben den über 80 Jahre alten Waggon vor wenigen Monaten gekauft.

Erklimmt man den hohen Waggon über die drei Stufen und betritt dann den Innenraum, fühlt man sich an frühere Zeiten erinnert; man spürt fast den Geist einstiger Zugfahrten und stellt sich die Frage, wohin der alte Waggon wohl schon überall gefahren ist.

„Förderverein Ilztalbahn“-Mitglied Matthias Binder weiß: „Der Waggon war früher ein so genannter Bauzugwagen. Wenn irgendwo in Deutschland eine Strecke umgebaut wurde und Gleise verlegt wurden, diente der Waggon den Arbeitern der Gleisbaufirmen als Schlaf- und Wohnbereich.“

Die originelle Idee, einen alten Waggon zu kaufen und herzurichten, hatten einige Fördervereins-Mitglieder. Zuletzt stand der Waggon im Bahnhof Kalteneck. Nachdem ein Wagenmeister das alte Gefährt abgenommen hatte, transportierte ihn eine Kleinlokomotive der Passauer Eisenbahnfreunde nach Freyung.

Verdreckt, rostig, ungemütlich − so sah der Waggon anfangs aus. Jetzt erstrahlt er in neuem Glanz. Mit viel Liebe und noch mehr Arbeit haben einige der Fördervereins-Mitglieder den ausrangierten Waggon restauriert und verschönert. Unzählige Arbeitsstunden haben sie in das alte Gefährt investiert. Viele Firmen aus unserem Landkreis haben die Restaurierung durch zahlreiche Materialspenden möglich gemacht. Horst Reuß aus Ort hat einen Großteil der Farben zum Streichen des Waggons zur Verfügung gestellt. Der heruntergekommene Waggon musste zuerst komplett abgeschliffen und dann gestrichen werden. Zusätzlich herrschten draußen nahezu tropische Temperaturen. Reuß scherzt: „Dabei habe ich mir noch einen heftigen Sonnenbrand geholt.“ Er untersteicht jedoch: „Ich habe das natürlich, wie alle anderen auch, sehr gerne gemacht.“

Der Waggon leuchtet nun in der Farbe grün − die Farbe, die auch die Ilztalbahn symbolisiert.

Der Waggon erfüllt natürlich auch eine Funktion. Der recht große Zugwagen besteht aus zwei Abteilen. Das erste Abteil soll als Aufenthaltsraum für Zuggäste der Ilztalbahn fungieren. Auch Zugbegleiter und Lokführer können das Wagenabteil mitnutzen. Noch ist es nicht vollständig fertig. Finden sich die Reisenden zum Beispiel zu früh am Bahnhof ein, können sie den Waggon nutzen und es sich auf den einladenden Sitzgelegenheiten gemütlich machen − in dieser Zeit, in der sich der Sommer langsam verabschiedet und wir bald den kühleren Herbst begrüßen können, eine willkommene Einladung. Ansonsten gibt es am Freyunger Bahnhof ja so gut wie keine Sitzplätze.

Die Ilztalbahn auf der wildromantischen Strecke und die „schwarze Perle des bayerischen Waldes“, die Ilz, können die Zuggäste ebenfalls im Waggon genießen: Damit ja niemandem langweilig wird, befindet sich ein Bildschirm an der Wand, der die Zuggäste mit interessanten Informationen über die Ilztalbahn sowie traumhaften Impressionen des idyllischen Ilztals versorgt. Auch anderes Infomaterial, wie zum Beispiel Fahrpläne und Broschüren, ist ausreichend vorhanden.

Der zweite Raum wird für die „Bahner“, die Mitglieder des Fördervereins Ilztalbahn genutzt, gelegentlich finden dort Treffen statt. Gemütlich sitzen die Eisenbahnfreunde zusammen und unterhalten sich. Hauptgesprächsthema ist natürlich, wie könnte es anders sein, die Ilztalbahn. Es herrscht eine fröhliche Stimmung, jeder fühlt sich in der ausgefallenen und doch recht passenden „Location“ wohl.

Neigt sich die gemütliche Runde dem Ende zu, wirft jeder etwas Geld in eine Dose, das zur weiteren Sanierung und Ausstattung verwendet wird. Kurzum: Man spürt das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitglieder.

Auch Fördervereins-Vorsitzender Michael Liebl ist vom Waggon begeistert und „sehr dankbar für die Initiative einiger Mitglieder“. Der Waggon sei eine Bereicherung für Ilztalbahnreisende. Liebl sieht ihn als „Zeichen, dass der Endbahnhof Freyung immer mehr vervollständigt wird“.

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