Bericht von der Mitgliederversammlung am 4.4.19

Viel Lob, wenig konkrete Unterstützung

Mitgliederversammlung des Fördervereins Ilztalbahn

Röhrnbach. An wesentliche Punkte der Vereinssatzung erinnerte Vorsitzender Michael Liebl bei der Frühjahrsversammlung des Fördervereins Ilztalbahn, die traditionell von einer großen Anzahl an Mitgliedern besucht wurde: „Sie verpflichtet uns, alles dafür zu tun, dass die umweltfreundliche Bahn auf Dauer genutzt werden kann. Dafür erhalten wir regelmäßig viel Lob und Anerkennung von Seiten der großen Politik – aber leider keinerlei Unterstützung.“
Man habe das am Beispiel des Erdrutsches in Patriching gesehen. „Auf unsere Bitte um finanzielle Unterstützung bei der aufwändigen Sanierung hat uns der Freistaat mehrfach abblitzen lassen.“ Liebl weiter: „Im Bayerischen Landesentwicklungsprogramm ist der Auftrag, das Schienenstreckennetz zu erhalten, klar und deutlich in rechtlich bindender Weise festgeschrieben.“ Bayern könne als Flächenland nicht auf eine flächendeckende Vorhaltung der Schieneninfrastruktur verzichten, weil sie Voraussetzung für die Bestellung eines qualitativ hochwertigen Nahverkehrs sowie die flächendeckende Erschließung im Schienengüterverkehr sei.

Forderung nach einer Stadt-Umland-Bahn

Der Verein habe sich 2018 mehrfach an die Staatsregierung gewandt und auf diese gesetzliche Verpflichtung aufmerksam gemacht. „Es kann ja nicht sein, dass sich die Bürger selbst um eine Verkehrsinfrastruktur kümmern müssen, weil sich der Staat einfach seiner gesetzlichen Verpflichtung entzieht“, so Liebl, „leider gab es nicht einmal Antworten auf meine Briefe.“
So seien weiter die ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder wie die „Infrastruktur-Gruppe“, das Marketing-Team, die Gesprächsbotschafter und natürlich die Zugführer und Zugbegleiter gefordert, neben vielen anderen anfallenden Arbeiten die Infrastruktur zu pflegen und den Betrieb der 50 Kilometer langen Bahnlinie zu bewerkstelligen – „und das mittlerweile im zehnten Jahr der Wiederaufnahme des Zugbetriebs und mit anhaltender Anerkennung durch Zehntausende von zufriedenen Fahrgästen jede Saison“.

Liebl abschließend: „Die Bahn fährt im Landkreis Passau weitab von den Siedlungen. Die Bahn kann den Bus gar nicht ersetzen.“ Es sei gut vorstellbar, dass die Bahn in das bestehende ÖPNV-System so integriert wird, ohne dass jemand Schaden nimmt. „Ganz im Gegenteil“, so Liebl, „es ist die Bahn, die wegen ihrer spezifischen Vorteile in der Lage ist, Leute zum Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr zu bewegen. Der Bus kann das nicht. Dann aber haben alle etwas davon, vor allem auch die Bürger im Landkreis Passau.“

Die Region sei einer der wenigen Flecken auf der deutschen Landkarte, die keinerlei Ansatz für ein die gesamte Region umfassendes Verbundsystem unter Einbeziehung aller vorhandenen Verkehrsträger anbietet. Passau könnte so einen guten Teil seiner Verkehrsproblematik durch die staufreien Schienenstränge mit einem S-Bahn-ähnlichen Verkehr sowie einem Verkehrs- und Tarifverbund schnell verbessern.

Ein Mobilitätskonzept als „Goldener Mittelweg“

MdL Manfred Eibl, stellv. Vorsitzender des Ausschusses für Bau, Wohnen und Verkehr, nahm als geladener Gast an der Versammlung teil und zollte den Aktiven Respekt und Anerkennung zu ihrer mächtigen Reaktivierungsleistung. Er resümierte die bestehenden geschichtlichen Fakten, Reaktivierungskriterien und rechtlichen Grundlagen der Trasse. In seinem Referat: „Zukunftsperspektiven der Ilztalbahn“ sprach er sich für ein „stetes, freundlich-vorwärtstreibendes Miteinander“ aus. Um die beim Landkreis Passau bestehenden starken Vorbehalte gegen die Streckenreaktivierung zu beenden und die aktuelle Blockade aufzulösen, schlägt Eibl eine neue Herangehensweise vor: Es sei zwingend notwendig, alle Bereiche von Mobilität ganzheitlich zu betrachten – Bus, Bahn und Individualverkehr. „Deshalb wird aktuell daran gearbeitet, die Voraussetzungen für ein ganzheitliches Mobilitätskonzept zu erhalten, ohne verpflichtende Auswirkungen auf die verkehrliche Situation der Landkreise abzuleiten.“
Eibl konnte berichten: „Seitens der Staatsregierung laufen diesbezüglich intensive Gespräche, um fördertechnische Voraussetzungen für Mobilitätskonzepte bzw. daraus resultierende Nahverkehrsverbünde zu schaffen.“

Die Mitglieder nahmen den von Schatzmeister Hans Stifter akribisch erstellten Kassenbericht 2018 entgegen, die Kassenprüfer Maria Kalin und Michael Brockelt fanden keinerlei Beanstandungen und die Versammlung entlastete nach dem Antrag durch Stadträtin Elisabeth Tesche die Vorstandschaft.
Festgestellt konnte hier auch werden, dass der Verein neben dem hohen Mitgliederstand ein ungebrochen stabiles Spendenaufkommen von vielen Unterstützern im ganzen Land aufweisen kann.

ITB-Geschäftsführer Thomas Schempf berichtete von einem Zusammenschluss der bayerischen nicht-bundeseigenen Infrastrukturbetreiber (NE-Bahnen) mit dem Ziel, eine Infrastruktur-Finanzierung analog der DB-Netz AG zu erhalten – schließlich werden ca. 10 Prozent der Bahnlinien in Bayern nicht von der DB betrieben. Daneben steht für alle NE-Bahnen auch die Finanzierung touristischer Verkehre weit oben auf der Prioritätenliste.

Passauer Neue Presse, 10.4.19

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