Lokführer aus Leidenschaft

2012.09.19 PNP

Dr. Stefan Froschermaier steuert die Ilztalbahn am Wochenende von Passau nach Freyung − Der Urologe hat den Lokführerschein Klasse 3 – von Wolfgang Weitzdörfer

„Ich bin als Kind oft mit der Ilztalbahn gefahren, weil wir Verwandte in Passau hatten. Wenn mir damals einer prophezeit hätte, die Bahn fährst du in 30 Jahren mal selber − den hätte ich ausgelacht“, schmunzelt Dr. Stefan Froschermaier, als er sich an seine ersten Begegnungen mit der Ilztalbahn erinnert. Das Lachen blieb indes aus, denn schließlich ist der Urologe in seiner Freizeit heute einer von derzeit sechs Lokführern, die für den Förderverein Ilztalbahn auf der wieder hergerichteten Traditionstrasse zwischen Passau und Freyung im Zugcockpit sitzen: „Es handelt sich mittlerweile um eine reine Freizeitverkehrsstrecke“, so Froschermaier. „Abgesehen von den offiziell beteiligten Unternehmen (siehe Kasten rechts), die natürlich notwendige Partner sind, damit auf der Strecke Bahnverkehr fahren darf, läuft bei der Ilztalbahn alles auf ehrenamtlicher Ebene“, betont der gebürtige Münchner, der seit 2000 in der Dreiflüssestadt lebt.

Verwirklicht sich einen kleinen Kindheitstraum: Der Urologe Dr. Stefan Froschermaier lenkt die Ilztalbahn jede Woche auf der Bilderbuchstrecke Passau − Freyung. − Foto: Jäger

 

Der Förderverein wurde gegründet, als die Bahnstrecke in einen Radweg umgewandelt werden sollte. Auf der Strecke fuhr seit den 90-er Jahren ohnehin nur noch Güterverkehr, durch einen Hangrutsch im Jahr 2002 war dann ein Schienenverkehr, wie es schien, gar nicht mehr möglich. Doch der Förderverein legte sich ordentlich ins Zeug, um die wunderschöne Bahnstrecke zu erhalten. Und so verkehren seit 2011 wieder regelmäßig an den Wochenenden zwischen Mai und Oktober Züge zwischen Passau und Freyung.
Wie jedoch verschlägt es einen Urologen in das Cockpit eines Nahverkehrszugs? „Die Eisenbahn war schon immer mein Hobby“, erzählt Froschermaier und schmunzelt: „Natürlich habe ich mir mit dem Lokführerschein auch einen kleinen Kindheitstraum erfüllt.“ Nachdem Froschermaier 2001 Mitglied bei den Passauer Eisenbahnfreunden geworden war, hätten sich die nächsten Schritte seiner Zweitkarriere nach und nach ergeben: „Mein Einstieg war die Ausbildung zum Rangierbegleiter“, erinnert sich der Arzt, der seine Praxis in der Innenstadt hat. Ein Rangierbegleiter hilft beim Ab- und Ankoppeln von Waggons im Bahnhof − darf also noch nicht hinters Steuer. Hinzu kam, dass er viel mit dem Schienenbus der Eisenbahnfreunde mitgefahren ist. Das zeigte bald seine Wirkung, so Froschermaier: „Das hat mich dann so sehr gereizt, selber mal ins Cockpit eines Zugs zu klettern, dass ich den nächsten Schritt gegangen bin.“ Der Arzt absolvierte nebenberuflich in knapp drei Jahren die Ausbildung zum Lokführer, die er 2009 mit dem Erwerb des Klasse 3-Scheins erfolgreich abschloss: „Damit dürfte ich theoretisch alle Züge in Deutschland fahren“, so Froschermaier und wirft dabei einen Blick auf den Führerschein, der im Grunde wie ein ganz normaler Kfz-Führerschein aussieht. Allerdings müsse er für jedes Schienenfahrzeug noch extra Schulungen absolvieren. Dazu komme, dass er pro Jahr mindestens 100 Fahrstunden nachweisen muss, damit sein Führerschein nicht verfällt. Froschermaier schmunzelt: „Gott sei Dank ist meine Frau in dieser Hinsicht sehr verständnisvoll und zieht da mit.“ Mit fährt sie auch immer wieder, denn: „Die Strecke entlang der Ilz und durch den Wald ist ja auch einfach malerisch schön“, schwärmt Froschermaier von seinem Arbeitsplatz an den Wochenenden.
Insgesamt ist das Hobby des Arztes schon sehr zeitintensiv, denn neben den Zugfahrten, die für Froschermaier derzeit nahezu an jedem Wochenende anstehen, sind es auch Schulungen zu aktuellen Themenbereichen oder regelmäßige Besuche beim Bahnarzt, die absolviert werden müssen. Allerdings habe er durch seinen straffen Einsatzplan im Zugcockpit auch nie Probleme, auf seine Soll-Fahrstunden zu kommen, ergänzt Froschermaier lachend.
Lustige Momente gebe es vor immer wieder in seiner Praxis, erzählt der Urologe. Nämlich dann, wenn ihn Patienten darauf ansprächen, dass sie doch noch am Wochenende von ihm transportiert worden seien: „Das gibt immer Gesprächsstoff und bricht im Behandlungszimmer sofort das Eis.“ Auch wenn ihm Patienten oder Kollegen am Bahnsteig zuwinken oder ihn grüßen, sei das durchaus erheiternd. Froschermaier kann sich kein schöneres Hobby vorstellen − aber es ist für ihn eben auch nur ein Hobby, denn: „Auch wenn der Beruf des Lokführers sehr schön, abwechslungsreich und durchaus anspruchsvoll ist, kommt ein Wechsel für mich nicht in Frage. Dazu liebe ich meinen Beruf als Arzt einfach viel zu sehr.“

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